Status vor Corona
In den vergangenen Jahren ist es ruhig geworden auf dem Non-performing-loan (NPL)-Markt. Die boomende Wirtschaft führte dazu, dass in Deutschland nur wenige Schuldner ihre Darlehen- seien es Kredite für Immobilien oder ihre Unternehmen- nicht mehr bedienen konnten. Die Darlehen blieben also im PL (performing loan)- Bereich oder rutschten bei vorübergehenden Liquiditätsengpässen maximal in das SPL (sub-performing)- Segment der Banken. In den Jahren unmittelbar nach der Finanzkrise konnten und mussten sich viele Bankhäuser von ihrem notleidenden Geschäft verabschieden und verkauften ganze Darlehensportfolios, auch, um den geforderten höheren Eigenkapitalbedarf ausweisen zu können, die die Bankaufsicht ihnen nach der Krise (und zur Vermeidung zukünftiger Krisen) auferlegt hatten. So richtig Tabula Rasa machten in Deutschland wohl nur die vormalige HypoRealEstate (HRE) Bank, die vor der Insolvenz bewahrt wurde, indem eine bundeseigene Abwicklungsanstalt, die FMS Wertmanagement AöR, ihre „toxischen und nichtstrategischen Geschäftsteile“ übernahm sowie die WestLB, deren notleidendes Portfolio in die Erste Abwicklungsanstalt (eAA) ausgelagert wurde, siehe hier https://www.aa1.de/. Die anderen Banken dürften während der Finanzkrise nicht all ihre Probleme offengelegt haben, was sich in den vergangenen Jahren durchaus gerächt hat. Eine immer geringere Profitabilität war das Ergebnis. Kein Wunder, wenn man einen Riesenrucksack schlechten Geschäfts auf dem Buckel hat. Zusätzlich gebeutelt sind Bankhäuser wie insbesondere die Deutsche Bank oder Commerzbank durch unzählige Skandale, die nicht nur die Reputation, sondern auch viel Geld kosteten.
Aktuelle Entwicklungen
Nun steht die deutsche Wirtschaft jedoch vor ungeahnten Herausforderungen und damit tun dies auch die Kreditnehmer. Die mehrfach angekündigte Welle an Insolvenzen wird natürlich zum Ausfall vieler Kredite sorgen. In der Folge werden nun auch mehr dieser Darlehen vom SPL in den NPL-Modus wechseln müssen. Was bedeutet das für den NPL-Markt?
Zukünftige Entwicklungen
Zunächst werden die Banken keine Veränderungen vornehmen können und müssen, denn die Kreditabteilungen verschieben bei Liquiditätsengpässen ihrer Darlehensnehmer nicht sofort die Kreditengagements in den Sanierungs- und Abwicklungsbereich.
Erster Schritt: Bankinterne Umstrukturierungen
Allerdings wird das nach einer gewissen Dauer und Ablauf etwa von Stundungsvereinbarungen (siehe hierzu: https://janine-hardi.com/ein-heilmittel-in-der-coronakrise-die-stundung/) der Fall sein und es wird zu Umstrukturierungen auch in den Banken kommen müssen, um den Anforderungen der Abarbeitung der notleidenden Kredite gerecht zu werden.
Zweiter Schritt: Involvierung weiterer Parteien
Im Nachgang hierzu werden auch andere Beteiligte wie Insolvenzverwalter, aber auch staatliche Einrichtungen wie Vollstreckungsgerichte und Zwangsverwalter wesentlich mehr zu tun kriegen als dies in den vergangenen Jahren der Fall war. Auch, wenn durch das COVInsAG (siehe hierzu: https://www.bmjv.de/DE/Themen/FokusThemen/Corona/Insolvenzantrag/Corona_Insolvenzantrag_node.html) die Insolvenzantragsverpflichtung zunächst ausgesetzt wurde, wird ein großer Teil der Unternehmen über kurz oder lang Insolvenz in Folge der Corona Pandemie beantragen müssen.
Dritter Schritt: Verkäufe von Kreditportfolien
Erst in einem dritten Schritt, der voraussichtlich gegen Ende des nächsten Jahres beginnen dürfte, werden sich Bankhäuser von denjenigen NPL-Engagements trennen, die sich offenbar nicht wieder erholen werden. Dann kommt die Zeit der großen Finanzinvestoren wieder, die Kreditportfolios kaufen und mit Hilfe von Spezialisten abwickeln. Das muss übrigens nicht zwingend zum Schaden der deutschen Wirtschaft sein: die Banken können sich im Zuge von Portfolioverkäufen von schlechtem und sehr zeitaufwändigem Geschäft trennen und sich der Ausreichung neuer Kredite und damit auch der Gesundung der Wirtschaft widmen. Für die Schuldner ist es am Ende egal, wer ihren Kredit abwickelt: die Rückzahlungsverpflichtung für Darlehen ändert sich ja nicht, nur weil der Gläubiger wechselt. Und auch die Instrumente der Abwicklung verändern sich nicht.
Fazit
Eine Welle notleidenden Kreditgeschäfts wird durch die Corona-Pandemie in jedem Fall ausgelöst werden. Ob es letztlich politischer Wille ist, nicht von staatlicher Seite aus in die Abwicklung einzugreifen und die Abwicklung den Banken und Finanzinvestoren zu überlassen oder ob man erneut Instrumente schaffen will, um staatlich geordnet und unterstützt die Abwicklung von Kreditportfolien voranzutreiben (siehe hierzu beispielweise den Abwicklungsauftrag der FMS-WM (https://www.fms-wm.de/de/wer-wir-sind), wird sich zeigen. Siehe als weiteren Ausblick auch: https://www.wiwo.de/my/unternehmen/banken/die-zweite-krise-das-comeback-der-kreditseuche/25659282.html?ticket=ST-24420-sFKewKGMySTxqjDHb1hA-ap4