NPLDie Auswirkungen der 6. MaRisk Novelle auf Abwicklungsanstalten

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Regelungsgegenstand

Die BaFin hat durch die 6. MaRisk-Novelle insbesondere folgende Themenbereiche, die bereits in den EBA Leitlinien geregelt wurden, abgedeckt: Non Performing Loans, Forbearance, Outsourcing, IT- und Notfallmanagement und weitere Themen inklusive der Risikosteuerung. Für von der EZB überwachte Institute sind diese Themenbereiche keine Neuerung, für kleinere und weniger komplexe Institute jedoch stellt die Implementierung dieser Punkte nunmehr durchaus eine Herausforderung dar.

Für Abwicklungsanstalten stellt sich die Frage, inwiefern diese Neuregelungen (und hieraus resultierende Verschärfungen) auch für sie Anwendbarkeit finden.

Besondere Relevanz haben hierbei m. E. die

  • Forbearance-Regelungen,
  • die Anforderungen an den NPE (=NPL)- Prozess sowie
  • die Anforderungen an notleidende und gestundete Risikopositionen.

Zunächst zu den genannten Anpassungen im Einzelnen:

Forbearance Regelungen

Insbesondere die Änderung zu den Forbearance Regelungen sind vor allem deshalb für alle von der Novelle betroffenen Instituten relevant, weil dieser Bereich stark abgrenzbar zu anderen Bereichen im Tagesgeschäft der Institute ist und er deshalb oftmals einen Schwerpunkt bei Prüfungen der Aufsicht bildet.

Inhalt von Forbearance-Regelungen

Unter Forbearance Regelungen versteht man Zugeständnisse eines Kreditinstituts gegenüber einem Schuldner, der in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. Abzugrenzen sind sie von Nachverhandlungen mit einem Schuldner, der keine finanziellen Schwierigkeiten aufweist.

Anforderungen an Forbearance

Voraussetzung für Forbearance-Regelungen ist immer ihre Wirksamkeit mit Blick auf eine Rückführung des betreffenden Kreditengagements in den performing loan- Bereich. Relevanz für die Prüfung und Entscheidung für Forbearance-Maßnahmen ist ausschließlich die Betrachtung der Finanzsituation des Schuldners, also seine Fähigkeit, die Zahlung des Kapitaldienstes zu bewerkstelligen. Etwaige Sicherheiten bleiben außen vor. Die Novelle fordert nunmehr seitens der Kreditinstitute eine fundierte Forbearance-Richtlinie, auf deren Basis dann Datenerhebung, Zuständigkeits- und Entscheidungsprozess festgelegt sein müssen. Dies muss unter anderem unter Involvierung der Intensivbetreuungseinheiten geschehen.

Anforderungen an den NPE- Prozess

Auch im Bereich des Prozesses rund um NPE (non performing exposures) kommt es durch die Novelle zu mehr Regulierung. Es müssen nunmehr klare Kriterien zur Einstufung von Exposures als NPEs vorgegeben werden. Eine nochmalige Überprüfung der Sicherheitenposition bei einem Übergang von der Intensivbetreuung zur Sanierung- und Abwicklungsabteilung ist seit der Novelle ebenfalls in den MaRisk festgelegt. Sicherheiten unterliegen (wenn nicht ohnehin schon) einer jährlichen Überprüfung. Bei externen Gutachtern wird eine Rotation vorgegeben. Hieraus folgt, dass ein Bewerter eine Immobiliensicherheit maximal zweimal bewerten darf. Des Weiteren werden sogenannte „Rückvergleiche“ gefordert. Es sollen demnach beispielsweise Vergleiche von Erlösquoten erfolgen, um auf diese Weise einen guten Überblick über den Erfolg von Abwicklungen erfassen zu können. Daneben sollen auch Risikovorsorgeentscheidungen im Wege eines Rückvergleichs überprüft werden.

Anforderungen an notleidende und gestundete Risikopositionen

Institute mit hohen NPL- Beständen (ab 5 %) haben durch die MaRisk Novelle erhöhte Anforderungen der Aufsicht zu beachten. Gefordert wird u.a. neben einer umfangreichen NPL- Portfolioanalyse ein fundierter und vor allem ambitionierter Abwicklungsplan mit quartalsweiser Fortschrittskontrolle. Festgestellte Abweichungen müssen der Aufsicht angezeigt werden. Auch die Änderung der Governance mit Blick auf NPE muss in vielen Häusern seit der Novelle überdacht und gegebenenfalls neugeregelt werden. Die BaFin fordert die Einrichtung spezieller NPE- Einheiten, die mit der Abwicklung betraut werden sollen.

Anwendbarkeit für Abwicklungsanstalten

Alle Institute gem. § 1 Ib KWG (das heißt Kreditinstitute bzw. Finanzdienstleistungsinstitute), bzw. § 53 I KWG (Unternehmen im Ausland mit Zweigstellen in Deutschland, die Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen zum Geschäftszweck haben) sind von der 6. MaRisk Novelle betroffen.

Bereits an dieser Stelle kommt die Frage auf, inwiefern sich Abwicklungsanstalten überhaupt hierunter subsumieren lassen, sind sie ja explizit keine Kreditinstitute (und haben insbesondere in den meisten Fällen nicht einmal eine Banklizenz). In den Statuten der Abwicklungsanstalten ist jedoch festgelegt, dass Teile des Kreditwesengesetzes (KWG) entsprechende Anwendung finden sollen. Es ist deshalb und vor allem mit dem Blick auf den Regelungsgegenstand der 6. MaRisk Novelle (Schwerpunkt non performing loans) davon auszugehen, dass Abwicklungsanstalten zumindest aus Sicht der BaFin grundsätzlich unter die Anwendbarkeit fallen. Aus dieser „entsprechenden“ Anwendbarkeit muss m.E. aber auch eine Art Sonderbehandlung der Abwicklungsanstalten mit Blick auf die Anwendbarkeit der 6. MaRisk Novelle folgen. Dem liegt insbesondere das Wesen der Abwicklungsanstalt zugrunde, das auf einem bei Gründung festgelegten Abwicklungsauftrag beruht.

Der Abwicklungsauftrag

Den deutschen Abwicklungsanstalten ist allen gemein, dass sie einen fest vorbestimmten Abwicklungsauftrag haben- dieser beinhaltet die „wertschonende“ Abwicklung  der übertragenen Risikopositionen über einen bestimmten Abwicklungshorizont. Beispielhaft seien hier die wesentlichen Aspekte aus dem Statut der FMS Wertmanagement AöR genannt, die im Jahre 2010 mit der Abwicklung der vormaligen Hypo Real Estate Holding AG betraut wurde, genannt.

So ist in § 2 Abs. 1 des Statuts der FMS Wertmanagement AöR festgelegt:

Der Abwicklungsanstalt obliegt die Aufgabe, von der Hypo Real Estate Holding AG und deren ·unmittelbaren und mittelbaren Tochterunternehmen und Zweckgesellschaften im In- und Ausland (zusammen die HRE-Gruppe) zum Zwecke der Stabilisierung der HRE­ Gruppe und der Stabilisierung des Finanzmarktes Risikopositionen und nichtstrategienotwendige Geschäftsbereiche (übernommenes Vermögen) zu übernehmen und gewinnorientiert zu verwerten und abzuwickeln.

Inhaltlich arbeitet eine Abwicklungsanstalt nach Maßgabe eines Abwicklungsplans. Die Regelungen hierzu stehen- für die FMS Wertmanagement- in § 5 ihres Statuts:

(1) Die Verwertung und Abwicklung  des übernommenen Vermögens erfolgt nach Maßgabe eines Abwicklungsplans. Der Abwicklungsplan ist ein Geschäftsplan, aus dem Art und Umfang der geplanten Geschäfte zur Verwertung und Abwicklung des übernommenen Vermögens unter Berücksichtigung der Anforderungen nach Absatz 3 hervorgehen. Der Abwicklungsplan wird auf Vorschlag des Vorstands vom Verwaltungsrat beschlossen und bedarf der Genehmigung der FMSA. Der Abwicklungsplan kann Teil einer gesonderten Vereinbarung sein. Vorstand, Verwaltungsrat und der Beteiligte sind an den Abwicklungsplan (in seiner jeweils aktuellen Fassung) gebunden.

(2) Der Abwicklungsplan hat die beabsichtigten Verwertungs- und Abwicklungsmaßnahmen der Abwicklungsanstalt zu beschreiben und einen Zeitplan für die vollständige Abwicklung des Vermögens der Abwicklungsanstalt innerhalb eines angemessenen Abwicklungszeitraums zu enthalten. Nach vollständiger Abwicklung des Vermögens und der Befriedigung sämtlicher Verbindlichkeiten der Abwicklungsanstalt ist die Abwicklungsanstalt aufzulösen.

Überschneidungen

Aus den vorgenannten Zitaten kann deutlich entnommen werden, dass die Abwicklungsanstalten bereits maßgebliche Anforderungen, die für manche Kredithäuser aufgrund der 6. MaRisk Novelle neu sein mögen, in ihrem Tagesgeschäft implementiert haben müssen. Hierzu zählt die regelmäßige Sicherheitenüberprüfung ebenso wie das Vorhalten von Spezialisten, die mit der Abwicklung der notleidenden Risikopositionen betraut sind. Durch die regelmäßige Überprüfung des Abwicklungsplans, der der Aufsicht immer zur Verfügung gestellt und zur Genehmigung vorgelegt werden muss, wird den durch die MaRisk Novelle nunmehr geforderten Verschärfungen in den oben genannten drei Regelungsbereichen der 6. MaRisk Novelle in den meisten Fällen bereits seit Beginn der Aufnahme ihrer Tätigkeit Rechnung getragen.

Fazit

Für die deutschen Abwicklungsanstalten ist m. E. in erster Linie wichtig, die 6. MaRisk Novelle ganz zu durchdringen und einen Abgleich mit den bereits bestehenden Regelungen im eigenen Haus vorzunehmen. Mit Blick auf meine 10jährige Tätigkeit bei der FMS Wertmanagement gehe ich davon aus, dass es wenige Regelungen geben wird, die eine echte Neuimplementierung von Maßnahmen in den drei oben näher beleuchteten Bereichen erforderlich machen dürften. Insofern bildet die 6. MaRisk Novelle für viele Bankhäuser ggf. ein erhebliche Maß an Aufarbeitung alter Strukturen, für die Abwicklungsanstalten kann davon ausgegangen werden, dass, sollte es tatsächlich zu einer direkten Anwendbarkeit der Novelle kommen, der Großteil der Regelungen bereits Bestandteil des Daily Doings sind. Es ist den Häusern jedoch anzuraten, eine entsprechende fachgerechte, bestenfalls externe Evaluierung vorzunehmen und dennoch bestehende Lücken zu schließen.

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