NPLReal EstateDie Wirksamkeit der in der Grundschuldbestellungsurkunde enthaltenen Unterwerfungserklärung

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Mit der „Wirksamkeit der in einer Grundschuldbestellungsurkunde enthaltenen Unterwerfungserklärung“ befasste sich der BGH in seinem Beschluss vom 15.02.2022 (XI ZR 646/20). Die Entscheidung bezieht sich auf die rechtliche Gültigkeit und Durchsetzbarkeit einer speziellen Klausel in einer Grundschuldbestellungsurkunde.

Hintergrund

In Deutschland und anderen Ländern mit vergleichbarem Rechtssystem wird eine Grundschuldbestellungsurkunde verwendet, um die Eintragung einer Grundschuld in das Grundbuch vorzunehmen. Eine Grundschuld ist eine Sicherheit, die in der Regel von einer Person oder einem Unternehmen zugunsten eines Kreditgebers (z. B. einer Bank) für einen Darlehensvertrag gewährt wird. Die Grundschuldbestellungsurkunde enthält verschiedene Informationen und Erklärungen im Zusammenhang mit dieser Grundschuld.

Die sog. „Unterwerfungserklärung“ in dieser Urkunde ist eine wichtige Klausel, durch die der Schuldner (die Person oder das Unternehmen, das das Darlehen aufnimmt) sich verpflichtet, im Falle des Zahlungsausfalls die Zwangsvollstreckung in das mit der Grundschuld belastete Grundstück zu dulden. Mit anderen Worten, die Unterwerfungserklärung ermöglicht es dem Gläubiger, das Grundstück zu verkaufen, bzw. i oder Regel zu versteigern, um seine Forderungen aus dem Darlehen zu befriedigen, wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Die „Wirksamkeit“ dieser Klausel bezieht sich auf ihre rechtliche Gültigkeit und Durchsetzbarkeit. Dies bedeutet, dass die Unterwerfungserklärung rechtmäßig sein muss, um im Falle eines Zahlungsausfalls tatsächlich verwendet werden zu können. Sie muss den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, und alle beteiligten Parteien müssen sich an die darin festgelegten Bedingungen halten.

In vielen Rechtssystemen ist die Wirksamkeit der Unterwerfungserklärung von großer Bedeutung, da sie die Grundlage für die Durchsetzung von Sicherheiten in Form von Grundschulden bildet. Ist diese Erklärung unwirksam, kann dies die Fähigkeit des Gläubigers, sein Recht auf die Zwangsvollstreckung auszuüben, erheblich beeinträchtigen. Daher ist es wichtig, sicherzustellen, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind, um die Wirksamkeit der Unterwerfungserklärung zu gewährleisten.

Sachverhalt

Dem BGH- Beschluss aus dem Jahr 2022 lag ein Fall zugrunde, in dem ein Darlehensgeber aus ihm als Sicherheit dienenden Grundschulden vollstreckte. Der Vollstreckung ging eine Kündigung voran, der die Darlehensnehmer widersprochen haben.

Die Darlehensnehmer beriefen sich darauf, dass eine Vollstreckung aus der vollstreckbaren Grundschuldurkunde ohne vorheriges Erkenntnisverfahren wegen Verletzung der EU-Richtlinie 93/13 EWG vom 05.04.1993 unzulässig sei. Hierbei handelt es sich um eine Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen.

Das OLG führt hierzu aus, dass es

„nach der Rechtsprechung des BGH nicht gegen §§ 305c, 307 ff. BGB verstoße, wenn die kreditgebende Bank in einem Vordruck, den sie für die notarielle Beurkundung einer Sicherungsgrundschuld zur Verfügung stellt, den Kreditschuldner ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis in Höhe des Grundschuldbetrages und die Erklärung abgeben lässt, sich wegen des Anspruchs aus dieser Zahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1986 – IX ZR 11/86 -, BGHZ 99, 274-288 zum AGBG). Es ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die kreditgebende Bank von der Unterwerfungserklärung Gebrauch macht und hieraus vollstreckt, ohne eine rechtskräftige Entscheidung der vom Schuldner angestrengten Vollstreckungsgegenklage abzuwarten.

Ein Verstoß gegen die europäische Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen liegt nach ganz überwiegender Auffassung nicht vor (vgl. MüKoBGB/Lieder, 8. Aufl. 2020, BGB § 1147 Rn. 33; BeckOGK/Volmer, 1.8.2020, BGB § 1147 Rn. 104 f.; vgl. auch die zum ungarischen Recht ergangene Entscheidung des EuGH, Urt. v. 1.10.2015 – C-32/14, BeckRS 2015, 81518, beck-online).

Die vom Kläger zitierten Entscheidungen des EuGH betreffen nicht vergleichbare Sachverhalte. So beziehen sich die Entscheidungen des EuGH vom 14.03.2013 – C-415/11 und vom 17.07.2014 – C-169/14 auf Regelungen im spanischen Recht, wonach im Rahmen eines Hypothekenvollstreckungsverfahrens keine Einwendungen in Bezug auf die Missbräuchlichkeit einer dem vollstreckbaren Titel zugrundeliegenden Vertragsklausel zulässig sind, es dem zuständigen Gericht des Erkenntnisverfahrens gleichzeitig aber auch nicht erlaubt ist, vorläufige Maßnahmen zu treffen, um die volle Wirksamkeit seiner Endentscheidung zu gewährleisten. Im deutschen Recht dagegen gibt es für den Schuldner vorläufigen effektiven Rechtsschutz durch einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, etwa nach §§ 769, 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO. Der Auffassung des Klägers, das deutsche Vollstreckungsrecht bürde dem sich wehrenden Vollstreckungsschuldner wirtschaftliche und rechtliche Hürden auf, die an der Durchsetzbarkeit des uneingeschränkten Vollstreckungs- und Rechtsschutzes zweifeln ließen, schließt sich der Senat nicht an. Insbesondere ist es dem Schuldner zumutbar, zu seinem Schutz ein Gerichtsverfahren anzustrengen und Vollstreckungsgegenklage zu erheben, zumal er bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe beantragen kann. Danach ist nicht denkbar, dass ein Vollstreckungsschuldner allein aus finanziellen Gründen rechtsschutzlos gestellt ist. Dass die Einzelfallprüfung nicht immer zu dem vom Schuldner erstrebten (vorläufigen) Ergebnis führen kann, liegt auf der Hand, hat mit der grundsätzlichen Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit der EWG-Richtlinie aber nichts zu tun.

Gegen dieses Nichtzulassungsentscheidung bezüglich einer potentiellen Revision legten die Darlehensnehmer Beschwerde beim BGH ein, dessen XI. Zivilsenat die Nichtzulassungsbeschwerde der Darlehensnehmer zurückwies, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordere (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der BGH führt hierzu aus:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die formularmäßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung des mit dem persönlichen Kreditschuldner identischen Grundschuldbestellers in einem Vordruck für die notarielle Beurkundung einer Sicherungsgrundschuld nicht gemäß § 307 BGB unwirksam (Senatsurteil vom 30. März 2010 – XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 27 mwN; BGH, Urteile vom 3. Dezember 2010 – V ZR 200/09, juris Rn. 21 und vom 6. Juli 2018 – V ZR 115/17, WM 2018, 1932 Rn. 11). Zudem hat der EuGH bereits entschieden, dass Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die dem Vollstreckungsschuldner aufbürden, Rechtsschutz gegen die Zwangsvollstreckung aus einem außerhalb eines Erkenntnisverfahrens geschaffenen Vollstreckungstitel zu suchen, sofern ein effektiver gerichtlicher Rechtsschutz dadurch gewährleistet ist, dass zum einen der Verbraucher den zugrundeliegenden Vertrag – auch in der Phase, in der aus ihm vollstreckt wird – vor Gericht unter angemessenen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen überprüfen lassen kann und zum anderen vorläufige Maßnahmen, insbesondere die Aussetzung der Vollstreckung, ermöglichen, die volle Wirksamkeit der Endentscheidung des Gerichts des entsprechenden Verfahrens zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urteile vom 14. März 2013 – C-415/11, EuZW 2013, 464 Rn. 59 f., 64 – Aziz, vom 17. Juli 2014 – C-169/14, DVBl 2014, 1457 Rn. 27 f., 42 f. – Sánchez Morcillo und Abril García sowie vom 1. Oktober 2015 – C-32/14, juris Rn. 44 f., 49 ff., 59 f., 62 ff. – ERSTE Bank Hungary; Beschluss vom 14. November 2013 – C-537/12 und C-116/13, juris Rn. 43, 54 f., 60 – Banco Popular Español und Banco de Valencia). Diese Voraussetzungen sind im deutschen Recht aufgrund der gemäß § 795 Satz 1 ZPO auch auf Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO anwendbaren Vollstreckungsabwehrklage gemäß §§ 767, 797 Abs. 4 und 5 ZPO und der prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO (sogenannte Titelgegenklage) sowie den im Zusammenhang mit solchen Klagen nach § 769 ZPO möglichen einstweiligen Anordnungen erfüllt. Die Nichtzulassungsbeschwerde nennt keine Rechtsprechung oder Literatur, die anderer Auffassung wäre.“

Fazit

Der BGH hat klargestellt, dass die in der Grundschuld enthaltene Unterwerfungserklärung wirksam ist und insbesondere nicht gegen § 307 BGB verstößt.

Der Link zur BGH-Entscheidung ist hier zu finden: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=127107&pos=0&anz=1 Weiterführende Literatur findet sich hier: https://www.zfir-online.de/heft-8-2021/zfir-2021-349-die-grundschuldbestellungsurkunde-im-lichte-der-rl9313/

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