Zwangsvollstreckung in Kryptowährungen

Urteil des OLG Köln zu Private Keys und Recovery Phrase

Quelle: OLG Köln, Beschluss vom 26.06.2024, Az. 11 W 15/24, WM 2024, S. 2330 ff.

Die Frage, wie Ansprüche auf Herausgabe von Kryptowährungen vollstreckt werden können, ist in der Praxis von wachsender Bedeutung. Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) hatte im Juni 2024 über einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Vollstreckung eines Urteils über Kryptowerte im Wert von 25 Millionen Euro ging. Streitpunkt war die Herausgabe von Private Keys und der Zugriff über eine Recovery Phrase.

Hintergrund des Falls

Der Vollstreckungsschuldner war rechtskräftig dazu verurteilt worden, Kryptowährungen aus zwei näher bezeichneten Wallets an die Gläubigerin herauszugeben. Da er dieser Pflicht nicht nachkam, leitete die Gläubigerin die Zwangsvollstreckung ein.

  • Zunächst wurde ein Zwangsgeld von 25.000 Euro verhängt.
  • Da dies ohne Erfolg blieb, beantragte die Gläubigerin die Anordnung von Zwangshaft.
  • Der Schuldner berief sich auf Unmöglichkeit: Er habe keinen Zugriff mehr auf die Wallets, da weder Private Keys noch Recovery Phrase funktionierten.

Entscheidung des OLG Köln

Das OLG Köln stellte klar: Die Herausgabe von Kryptowährungen ist eine unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO, da nur der Schuldner selbst – ggf. mit Hilfe Dritter – die Übertragung vornehmen kann.

Keine automatische Unmöglichkeit bei fehlendem Zugriff

Der Einwand der Unmöglichkeit nach § 275 BGB greift nur, wenn der Schuldner nachweislich alle zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Die Beweislast liegt vollständig beim Schuldner.

Im konkreten Fall kam das Gericht zu folgenden Einschätzungen:

  • Zugriff sei sowohl über einen gespeicherten Private Key als auch über eine Recovery Phrase mit neuem Ledger möglich.
  • Ein Sachverständiger hatte überzeugend ausgeführt, dass bislang nur eines der beiden Wallets überprüft wurde.
  • Es existieren spezialisierte Unternehmen, die technische Rekonstruktionsversuche anbieten – deren Hilfe habe der Schuldner nicht genutzt.

Ergebnis

Das OLG Köln verneinte eine eindeutige Unmöglichkeit. Die beantragte Zwangshaft wurde zwar nicht verhängt, aber in ein weiteres Zwangsgeld umgewandelt.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil zeigt: Schuldner können sich bei der Vollstreckung von Kryptowährungen nicht ohne Weiteres auf Unmöglichkeit berufen.

Wichtige Leitsätze für die Praxis:

  • Herausgabe von Kryptowerten = unvertretbare Handlung (§ 888 ZPO).
  • Der Schuldner muss beweisen, dass er alle technischen Möglichkeiten (einschließlich professioneller Hilfe) ausgeschöpft hat.
  • Ohne diesen Nachweis bleibt die Vollstreckung zulässig.
  • Gerichte können zwischen Zwangsgeld und Zwangshaft wählen.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Köln stärkt die Durchsetzbarkeit von Herausgabeansprüchen bei Kryptowährungen. Gerade angesichts der erheblichen Vermögenswerte in digitalen Wallets wird die Frage der Vollstreckung künftig häufiger relevant werden.

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