Mindestanforderungen im Bereich von Finanzprodukten
Jeder, der sich mit Finanzprodukten beschäftigt, stößt über kurz oder lang auf Grundsätze, nach denen bestimmte Regeln rund um den Abschluss dieser Produkte kreisen. Je nach Komplexität, aber auch Bedeutung des jeweiligen Finanzprodukts für den Betroffenen können die Anforderungen an Beratung, Aufklärung, aber auch Absicherung eines Geschäfts stark variieren. Für fast alle Finanzprodukte existieren spezielle Anforderungen, die hauptsächlich seitens der BaFin festgelegt werden. Eine kleine beispielhafte Aufzählung geben die folgenden Absätze. Die Notwendigkeit der Regulierung des Immobilienverrentungsmarktes lässt sich gerade im Abgleich mit diesen Finanzprodukten besonders gut erklären.
Anlageberatung
Insbesondere bei Verbrauchern sieht der Gesetzgeber die Notwendigkeit, Entscheidungen über Finanzprodukte erst nach einem Mindestmaß an Beratung zuzulassen. Klassisches Beispiel stellt die Beratung im Bereich der Geldanlage dar. Nach Empfehlung der BaFin erfolgt diese Beratung durch den Anlageberater in vier Schritten:
- Der Berater bittet den Kunden um Informationen.
- Der Berater informiert den Kunden über alle wesentlichen Umstände.
- Auf Basis der Kundeninformationen empfiehlt der Berater dem Kunden ein geeignetes Anlageprodukt.
- Der Berater dokumentiert die Empfehlung.
In diesem Rahmen hat der Berater auch zu beachten, dass er dem jeweiligen Kunden nur Anlageprodukte empfehlen darf, die für den Kunden auch geeignet sind. Inhalt dieser sog. „Geeignetheitsprüfung“ ist in erster Linie, dass das empfohlene Geschäft den Anlagezielen des Kunden entsprechen muss, die Anlagerisiken müssen für den Kunden tragbar sein und der Kunde muss die Risiken, die mit dem empfohlenen Anlageprodukt möglicherweise einhergehen, verstehen können- und zwar nicht nur theoretisch, sondern mit Blick auf die besonderen Kenntnisse und auch Erfahrungen des Kunden in diesem Bereich.
Prospektpflicht bei Wertpapieren
Im Bereich der Wertpapiere besteht die Verpflichtung, einen sog. Wertpapierprospekt, in dem alle Informationen zum Emittenten sowie die Aktien- und Anleihebedingungen zur Emission enthalten sind, zu veröffentlichen. Neben der Tatsache, dass über diesen Prospekt durchaus auch ein Werbeeffekt für das jeweilige Produkt erzielt werden kann, stellt der Wertpapierprospekt auch die Grundlage dar, auf der die Anlageentscheidung von Anlageinteressenten basiert. Verstöße rund um die Prospektpflicht, also etwa die Verletzung der Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines Prospekts ebenso wie die Fehlerhaftigkeit von Prospekten lösen die sog. Prospekthaftung aus, die besonders dann eine Rolle spielt, wenn Risiken falsch oder nicht umfänglich dargestellt wurden und diese Risiken schlagend wurden und zu einem Schaden beim Anleger führen.
Voraussetzungen für Baufinanzierungen
Kreditinstitute mit Sitz in Deutschland benötigen die Erlaubnis der BaFin, um Kreditgeschäfte abschließen zu dürfen. In Deutschland beaufsichtigen die Deutsche Bundesbank und die BaFin, ab einer bestimmten Größenordnung auch die Europäische Zentralbank (EZB) die Institute im Rahmen der Solvenzaufsicht. Die gesetzliche Grundlage, also die Erlaubnis zur Gewährung von Krediten, bietet das deutsche Kreditwesengesetz (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG). Es ist im Rahmen der Kreditvergabe genau geregelt, welche Unterlagen dem Darlehensnehmer vor Abschluss eines Darlehensvertrages im Bereich der Baufinanzierung ausgehändigt werden müssen. Dies dient der umfassenden Information und Aufklärung. Das Institut muss dem Darlehensnehmer insbesondere ein Merkblatt mit umfangreichen Informationen, das „Europäische Standardisierte Merkblatt“ (ESIS-Merkblatt), aushändigen. Darin müssen umfangreiche Informationen zur jeweiligen Finanzierung enthalten sein. Dazu zählen zum Beispiel Informationen über die Art des Darlehens, den effektiven Jahreszins, den Sollzinssatz, Betrag und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen und das Beispiel eines Tilgungsplans. In dem Vertrag selbst müssen weitere Informationen enthalten sein. Dazu zählen zum Beispiel alle sonstigen Vertragsbedingungen, aber auch die Informationen über Möglichkeiten, das Darlehen wieder zu kündigen.
Regulierung von Kreditinstituten: Mindestanforderungen an das Risikomanagement: MaRisk
Die MaRisk konkretisieren das Kreditwesengesetz (und dabei insbesondere § 25a KWG) und geben sogenannte Mindestanforderungen für die institutsspezifische Ausgestaltung des Risikomanagements von Banken im qualitativen Bereich vor. Die MaRisk sind für alle deutschen Banken verpflichtend einzuhalten. Die Einhaltung der MaRisk wird im Rahmen der Jahresabschlussprüfung durch den Abschlussprüfer geprüft. Als Beispiele für Bereiche, die von den MaRisk innerhalb der Bankinstitute umfasst sind, können hier das Controlling von Adressausfallrisiken, von Marktpreisrisiken, aber auch operationelle Risiken aufgezählt werden.
Fazit: Starke Regulierung
Diese- nicht abschließende- Aufzählung macht deutlich, wie wichtig die umfangreiche Information und Beratung im Bereich des Finanzwesens sowie die Überwachung von Kreditinstituten angesehen wird. Dies ist auch zurecht der Fall, denn die Anlage von Geld, der Kauf- und damit verbunden die Finanzierung- einer Immobilie stellen wichtige Geschäfte dar, die im Falle einer Fehlentscheidung massive Auswirkungen auf die finanzielle Zukunft der Betroffenen haben können.
Regulierung im Bereich der Immobilienverrentung
Was versteht man unter Immobilienverrentung
Unter Immobilienverrentung im weiteren Sinne versteht man die Kombination aus zwei Aspekten: 1. Kapitalbedarf, der aus einer vorhandenen, im Eigentum des Betroffenen (= dem Verrenter) stehenden Immobilie, gedeckt werden soll unter 2. der Maßgabe, dass der Immobilieneigentümer nicht aus besagter Immobilie ausziehen möchte.
Zur Verfügung stehen nach deutschem Recht verschiedene Rechtsinstitute, um beiden Aspekten gerecht zu werden:
In der Regel kann das Kapital durch einen Verkauf der Immobilie aus dieser herausgelöst und durch Kaufpreiszahlung des Käufers an den Eigentümer generiert werden.
Das Recht, in der Immobilie wohnen bleiben zu dürfen, kann durch verschiedene Rechtsinstitute, die nach BGB möglich sind, sichergestellt werden. Hierzu zählen insbesondere der Nießbrauch (§ 1030 BGB) sowie das Wohnungsrecht (§ 1093 BGB). Ob der Kaufpreis in einer Einmalzahlung gezahlt oder auf Rentenbasis mit einer entsprechenden Absicherung der Zahlungsströme im Grundbuch erfolgt, ist individualvertraglich regelbar.
Im Rahmen des Teilverkaufs versteht man unter Immobilienverrentung den Verkauf von Miteigentumsanteilen an der zu verrentenden Immobilie gegen Eintragung eines Nießbrauchsrechts und Zahlung eines Nutzungsentgelts für den verkauften Teil.
Sehr selten und nur mit enormen Risikoabschlägen besteht die Möglichkeit, im Rahmen der Umkehrhypothek einen Immobilienverzehr nach § 491 BGB mit einem Institut zu vereinbaren. In diesem Fall wird das Eigentum an der Immobilie nicht übertragen, diese vielmehr beliehen und es kommt zu einer Darlehensauszahlung über die Zeit. Die Rückzahlung in einer Summe wird bewerkstelligt nach dem Tod des Verrenters durch Verkauf der Immobilie.
Sehr weit muss man den Verrentungsbegriff fassen, wenn man sich mit dem sog. Rückmietverkauf beschäftigt, bei dem die Immobilie zum Marktpreis verkauft und sofort vom vormaligen Immobilieneigentümer zurückgemietet wird. Schließt der neue Eigentümer das Kündigungsrecht für die Laufzeit des Mietvertrages (oft „lebenslang“) aus, ist der Verkäufer hierdurch zumindest schuldrechtlich abgesichert.
Bedeutung der Immobilienverrentung für den Markt
Der Markt der Immobilienverrentung ist in starken Wachstum begriffen. Dies liegt an zweierlei:
1. Dem Kapitalbedarf auf Seiten der Eigentümer, die, sobald sie ins Rentenalter eintreten, feststellen müssen, dass die Rente nicht dazu ausreicht, den Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig steigen die Energiepreise sowie die Inflation in einem gesamtpolitisch unsicheren Umfeld, was zu einer vermehrten Verunsicherung führt, die wiederum die finanzielle Absicherung noch dringlicher macht.
2. Auf der anderen Seite war der Immobilienmarkt in Deutschland die letzten Jahre stark von einer fehlenden Angebotslage gekennzeichnet, denn es wurden kaum Immobilien zum Kauf angeboten. Diese Verknappung führte zur Suche nach anderen Wegen, um die Assetklasse „Immobilie“ im Rahmen der Portfoliodiversität überhaupt mit in die Portfolien von Anlegern aufnehmen zu können. Im Rahmen der Immobilienverrentung kommen aber hauptsächlich Immobilien auf den Markt, die normalerweise gar nicht auf dem Markt in Erscheinung treten würden. Die meisten Rentner spielen eben gerade nicht mit dem Gedanken, auszuziehen, sondern wollen lieber in ihrer gewohnten Umgebung ihren Ruhestand genießen. Die Immobilienverrentung schlägt insofern die Brücke zwischen dem Wunsch, nicht auszuziehen, aber dennoch das in der Immobilie gebundene Kapital verfügbar zu machen.
Bedeutung der Immobilienverrentung für die Eigentümer
Die Immobilienverrentung stellt für die meisten Immobilieneigentümer eine äußerst wichtige Entscheidung dar. Sie verfügen im Rahmen der Verrentung meist über den wesentlichen Teil ihres Gesamtvermögens. Die Immobilienverrentung kann deshalb der klassischen Baufinanzierung mit Blick auf ihre Bedeutung für den Verbraucher durchaus gleichgestellt werden. Immerhin findet in den meisten Fällen der Verrentung eine Verfügung über das Immobilieneigentum statt, die Auswirkungen auf die zukünftige finanzielle Absicherung genauso wie die zukünftige Wohnsituation der Betroffenen nach sich zieht.
Nun möchte man meinen, dass bei einem so wichtigen Geschäft bestimmte Mindeststandards an die Beratung, Information und auch Absicherung des Geschäftspartners gestellt werden. Dies ist allerdings nicht der Fall. Immobilieneigentümer, die Kapitalbedarf haben, stehen häufig vor dem Problem, dass sie von ihrer Hausbank als potentielle Kreditnehmer abgelehnt werden. Doch an wen wenden sich diese Rentner dann? Eine Beratungsstelle für Immobilienverrentung existiert nicht, Renten- oder Anlageberater sind in der Regel in diesem Bereich nicht ausgebildet.
Meist durch Mund-zu-Mund- Propaganda, aber schlicht auch durch Werbung in Internet, TV oder Zeitschriften erlangen Immobilieneigentümer Kenntnis von der grundsätzlichen Möglichkeit, ihre Immobilie zu verrenten, befinden sich aber aufgrund der Intransparenz am Markt in der Situation, diesen nur schwer durchdringen zu können, geschweige denn, qualifizierte Information und kompetente Beratung- zu allen Immobilienverrentungsmodellen- zu erhalten.
Fazit: Die Immobilienverrentung ist intransparent
Auch, wenn Regulierung oft auch kritisch zu betrachten ist, weil sie dazu führen kann, dass Märkte hierdurch stark ausgebremst werden, erscheint die völlige Nichtregulierung im Bereich der Immobilienverrentung zweifelhaft. Letztlich handelt es sich bei der Immobilienverrentung um ein Finanzierungsmittel, das jedoch nicht von Kreditinstituten ausgereicht wird. Fehlende Beratungsstandards in Kombination mit nicht nach Kreditwesengesetz überwachten Anbietern, sprich Finanzierern, erscheint als Pulverfass und Nährboden für schwarze Schafe. Auch, wenn in meiner täglichen Praxis im Bereich der Immobilienverrentung solche bislang nicht auf dem deutschen Markt auffällig wurden, besteht mE durchaus die Gefahr, dass sich hier gerade mit Blick auf das rasante Wachstum des Immobilienverrentungsmarktes Probleme entwickeln werden, deren Antizipation auf Seiten der Aufsicht durchaus smart wäre. Für die Immobilieneigentümer heißt es, genau zu prüfen, welches Verrentungsmodell zielführend mit Blick auf ihren konkreten Bedarf ist und sich ein umfassendes Bild von den Angeboten auf dem Markt zu machen. Solange Verbraucher hier aufgrund der fehlenden Marktstandards auf sich selbst gestellt sind, ist eine umfassende kompetente Beratung unbedingt anzuraten.