bussineslawCoronaviruskrise: Wenn die Insolvenz droht

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Die wirtschaftliche Krise, die Deutschland jetzt aufgrund der weitreichenden Maßnahmen droht, wird zur Folge haben, dass einigen Unternehmen in derart große Probleme geraten, dass sie ihr Geschäft aufgeben müssen. Oftmals bestehen jedoch noch offene Zahlungsverpflichtungen bei Banken oder anderen Gläubigern- dann kann man als Unternehmer sein Geschäft nicht einfach aufhören und zuschließen, sondern muss ggf. Insolvenz anmelden.

Wann dies – auch unter strafrechtlichen Gesichtspunkten – der richtige Schritt ist, wird im Folgenden kurz zusammenfassend dargestellt:

1. Das Insolvenzverfahren nach Insolvenzordnung (InsO)

Gem. § 1 InsO dient das gerichtliche Insolvenzverfahren dazu, alle Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet wird, das heißt es soll vermieden werden, dass einzelne Gläubiger bevorzugt werden. Eine weitere Möglichkeit bietet das ebenfalls in § 1 InsO geregelte Insolvenzplanverfahren, in dem es darum geht, nach Möglichketen zu suchen, durch die das Unternehmen des Schuldners gerettet werden kann.

2. Eröffnungsgründe

a. Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO

In § 17 Abs. I InsO ist geregelt, dass allgemeiner Eröffnungsgrund für eine Insolvenz die Zahlungsunfähigkeit ist. Abs. II normiert, dass derjenige Schuldner zahlungsunfähig ist, der nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen, wobei nach dieser Regelung davon auszugehen ist, dass Zahlungsunfähigkeit dann vorliegt, wenn ein Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

Gem. § 18 Abs. I InsO stellt auch die „drohende Zahlungsunfähigkeit“ einen Insolvenzeröffnungsgrund dar, sofern der Schuldner selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt.

b. Überschuldung, § 19 InsO

Gem. § 19 Abs. I InsO ist für juristische Personen auch die „Überschuldung“ Eröffnungsgrund. Das bedeutet, dass alle Unternehmen, die z.B. als GmbH oder AG firmieren, auch dann insolvent sind, wenn ihr Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Dass dies im Laufe des Lebens eines Unternehmens durchaus einmal der Fall sein kann, ist auch dem Gesetzgeber klar, weswegen er im zweiten Halbsatz dieses Paragrafens die „positive Fortführungsprognose“ eingeführt hat. Dies bedeutet, dass trotz tatsächlicher Überschuldung eines Unternehmens kein Eröffnungsgrund nach § 19 InsO vorliegt, sofern die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen als überwiegend wahrscheinlich einzustufen ist.

3. Antragspflicht, § 15a InsO

a. Antragsverpflichteter

Liegt jedoch für ein Unternehmen, das juristische Person ist, entweder Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vor, muss der jeweilige Vertreter (etwa bei der GmbH der Geschäftsführer) des Unternehmens ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintreten von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen.

b. Faktischer Vertreter

Auch faktische Vertreter unterliegen der Insolvenzantragspflicht. Dabei versteht man unter faktischen Organmitgliedern solche, die zwar faktisch nach außen hin erkennbar die juristische Person leiten und lenken, aber nicht wirksam als Organmitglied bestellt sind. Somit hilft das Absehen von einer förmlichen Bestellung nicht, um Haftungsrisiken im Zusammenhang mit der Insolvenzantragspflicht zu umgehen. Hat eine juristische Person keinen organschaftlichen Vertreter, hat die Insolvenzantragspflicht neben einem potentiellen faktischen Organmitglied jeder Gesellschafter beziehungsweise bei einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft zudem auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats.

c. Strafrechtsrelevanz bei Nichtantrag, § 15a Abs. IV InsO

15a Abs. IV InsO dieser Norm bewehrt den nicht oder zu spät erfolgten Antrag mit Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe. Diese Regelung wird oftmals falsch eingeschätzt- Hintergrund hierfür ist nicht zwingend ein besonders hohes strafrechtsrelevantes Potential der Geschäftsführer. Oftmals sitzen in den Geschäftsführungen die Gründer der Unternehmen, die der Fehleinschätzung unterliegen, sie wüssten am besten, was gut oder schlecht für ihr Unternehmen sei – in der Krise mehr denn je.

Die unternehmerische Freiheit, den Zeitpunkt für die Kommunikation des Scheiterns eines Unternehmens selbst zu bestimmen, wird durch die deutsche Insolvenzordnung deshalb eingeschränkt, weil der Schutz aller Gläubiger sowie des allgemeinen Rechtsverkehrs staatlich höher eingestuft werden als die Freiheit des einzelnen, mit der Wahrheit noch etwas hinter dem Berg zu halten. Hintergrund dieser gesetzgeberischen Wertung ist, dass Gläubiger nicht einfach dadurch Vorteile genießen sollen, weil sie schneller in der Einzelvollstreckung waren, etwa, weil sie besser über die finanziellen Gegebenheiten des Krisenunternehmens als andere Gläubiger informiert waren. Dies ist auch deshalb notwendig, weil die Insolvenzgläubiger keine Antragspflicht trifft, sprich, ein Gläubiger zwar die Insolvenz über ein schuldnerisches Unternehmen beantragen kann, dies aber nicht muss.

d. Fünf-Jahres-Frist nach Insolvenzverschleppung

Was vielen Vertretern juristischer Personen nicht klar ist, ist, dass sie für den Fall, dass sie aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a InsO für einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Verurteilung nicht mehr als Vertretungsorgan einer juristischen Person bestellt werden können (§ 6 Abs. II Nr. 3 GmbHG, bzw. für die AG: § 76 Abs. III Nr.3 AktG).

4. Risikovermeidung in der Krise

Neben allen Sorgfaltspflichten, die die Geschäftsführung eines Unternehmens immer trifft, ist es unabdingbar, jederzeit eine enge Überwachung der tatsächlichen Gegebenheiten rund um das zu verantwortende Unternehmen vor zu halten. Dies obliegt einem sorgfältigen und umsichtigen Geschäftsführer oder Vorstand jederzeit, in der Krise jedoch umso mehr.

In Zeiten wie diesen, also sprich, wenn das gesamte Wirtschaftssystem in der Krise steckt, weil das Coronavirus und alle damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen Konsum und Nachfrage nach einem Großteil der Wirtschaftsgüter einschränken, bedarf es eines noch engmaschigeren Monitorings, das bestenfalls anwaltlich begleitet werden sollte, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, ggf. Krisensituationen außerhalb der Insolvenz zu klären, aber umso mehr, um – auch im ganz persönlichen Interesse – im Rahmen der Regeln rund um die Insolvenzantragspflicht keine Fehler zu machen.

5. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Es lohnt sich derzeit, sich regelmäßig auf den Websites aller relevanten Bundesministerien zu informieren. Derzeit plant das Bundesjustizministerium etwa einen Gesetzentwurf zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020. Hierdurch sollen Unternehmen, die finanzielle Hilfe aufgrund einer wegen der Coronaviruskrise eingetretenen Schieflage ihres Unternehmens beantragt haben, die sie nicht binnen der dreiwöchigen Antragspflicht nach InsO erhalten, vor den Konsequenzen der Nichteinhaltung der Antragspflicht geschützt werden.

Hier ist der Link: https://www.bmjv.de/DE/Themen/FokusThemen/Corona/Insolvenzantrag/Corona_Insolvenzantrag_node.html

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